Gotthard-Basistunnel: für den Ernstfall gerüstet

Der 57 Kilometer lange Gotthard-Basistunnel soll auch punkto Sicherheit neue Massstäbe setzen. Die SBB haben in Erstfeld ihr entsprechendes 5-Säulen-Konzept vorgestellt.

Muss in 5 Minuten einsatzbereit sein: das Lösch- und Rettungsfahrzeug des Gotthard-Basistunnels. Foto: R. Strässle
Blick ins Innere des Löschzuges.

Durch die längste Eisenbahnröhre der Welt darf der Lokomotivführer mit bis zu 250 Sachen rasen. Der neue Gotthard-Basistunnel ist richtungsgetrennt, was theoretisch zwar keine Auffahrkollision ausschliesst, aber eine Kollision aus der Gegenrichtung. Das allein genügt aber noch lange nicht für die Sicherheitsansprüche dieses Herzstück der Nord-Süd-Verbindung.

Das 5-Säulen-Sicherheitskonzept tönt auf den ersten Blick allerdings wenig spektakulär: „Ereignisse verhindern, Ereignisausmass mindern, Selbstrettung vorsehen, rasche Intervention sicherstellen sowie Mitarbeitende intensiv schulen.“ Hinter dieser amtlich formulierten Kaskade steckt jedoch mehr.

Verschiedene Detektionsanlagen

Bereits die bestehenden Eisenbahnanlagen auf den Tunnelzufahren im Norden und Süden entsprächen dem neuesten Stand der Sicherheitstechnik, versprechen die SBB-Verantwortlichen. Man überwache die Züge auf der ganzen Nord-Süd-Achse Gotthard genau, sagt Hans Vogt, Leiter Sicherheit und Qualität bei den SBB. Auf dem gesamten Schienennetz der Schweiz seien über 170 Detektionsanlagen in Betrieb. Sie stellen sofort fest, wenn Brände schwelen, gefährliche Gase austreten, Achsen heisslaufen, Bremsen blockieren, sich die Ladung verschiebt und anderes mehr. Klar, dass in einem solchen Fall die Züge gestoppt werden, bevor sie in den Tunnel einfahren.

Im Ernstfall auf die Gegenfahrbahn

Doch was passiert, wenn im Tunnel beispielsweise Feuer in einem Zugabteil ausbricht, wenn evakuiert werden muss? Dann zeigen die Handläufe, die Notfallbeleuchtung und die Beschilderung den Passagieren den Weg aus der Gefahrenzone – und der führt in die Gegenröhre: Alle 325 Meter hat der 57 Kilometer lange Eisenbahntunnel Übergänge in die Gegenröhre. Dort werden die Reisenden mit einem Evakuierungszug zu einer der beiden Nothaltestellen in Sedrun GR und Faido TI gebracht. Selbst im Brandfall mit dicken Rauchschwaden sorgten zwei leistungsfähige Lüftungsanlagen und 24 Strahl-Ventilatoren für gute Luft in der Röhre, versprechen die SBB.

Viel Brandschutztechnik

Im Sicherheitskonzept des Gotthard-Basistunnels geht es nicht ohne viel Brandschutztechnik. Im EIZ, sprich Erhaltungs- und Interventionszentrum, im urnerischen Erstfeld und auf der Südseite in Biasca stehen zwei Lösch- und Rettungszüge. Hier heisst das Motto „allzeit bereit“, denn im Brandfall muss es schnell gehen. „Wir oder vielmehr unsere Lösch- und Rettungszüge sind in fünf Minuten einsatzbereit und wenig später ist die Mannschaft mit dem Fahrzeug am Tunnelportal“, sagt Martin Tresch, Einsatzleiter der Betriebswehr Erstfeld.

Die schnelle Personenevakuierung ist im Ernstfall oberstes Gebot. Das Bundesamt für Verkehr schreibt vor, dass die Lösch- und Rettungszüge in maximal 45 Minuten am Ereignisort sein müssen, in höchstens 90 Minuten müssen die Fahrgäste evakuiert sein. Pro Zug können das immerhin bis zu 680 Menschen sein.

Übung und Weiterbildung

Ohne Übung geht es nicht. Zusammen mit den SBB-Mitarbeitenden der Betriebszentrale Süd, die für die Verkehrsleitung im neuen Gotthardtunnel zuständig ist, trainieren Polizei, Feuerwehr und Sanität der Kantone Uri, Tessin und Graubünden den Ernstfall in mehreren Rettungsübungen. Das fünfteilige Konzept der Sicherheit sieht aber auch intensive Schulung vor: 2900 eigene und rund 1000 externe Mitarbeitende erhalten eine Ausbildung, insbesondere am neu entwickelten 3D-Simulator. Hier können Massnahmen nach Unfallereignissen am Bildschirm praxisnah geübt werden – mit anschliessender Auswertung.  (rs)

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